Samstag, 26. Januar 2013

Tanz-Dorado in der Karibik



Im Salsa-Schritt durch die Karibik.

 

 


Marcel ist ein Macho. Die Frau packt er am Handgelenk – wenn  auch sanft. Die andere Hand legt er auf ihr Schulterblatt, und los. Kurz-kurz-lang. Kurz-kurz-lang. Dann hört er wieder auf zu tanzen. Schaut sie an und sagt in schlechtem Englisch: „Ich lenke die Frau. Und du bist die Frau. Verstanden?“ Gut, dann weiter.






Wer auf Kuba Salsa lernen will, muss Regeln befolgen. Die erste: Der Mann führt. Die zweite: „Salsa ist kein unanständiger Tanz“, sagt Obertanzlehrer Tito am ersten Unterrichtstag. Es ist zwar ein erotischer Paartanz, aber mehr als die Hände, die Arme
und die Rückenpartie um die Schulterblätter der Frau werden nicht angefasst. Sie legt ihre Hand am Oberarm des Partners ab. Und drittens: Es ist ein fröhlicher Tanz, also sei ausgelassen.

Salsa spiegelt auf Kuba die fröhliche Seite eines harten Alltags mit vielen Entbehrungen durch die sozialistische Mangelwirtschaft wider. Die Musik ist Ventil, heißt es auf der
Insel. „Und der Tanz ist ein Ausdruck der Gesellschaft“, sagt Gioaccina Cinquegrani vom kubanischen Fremdenverkehrsamt.
Und so verwundert es nicht, dass eigentlich immer irgendwer wo tanzt. Abends, an den Wochenenden, in Havanna, Trinidad ode Santiago de Cuba sieht man sie: Die Kubaner zieht es einfach auf die Straße. Jemand reicht eine Rumflasche herum, einer dreht eine Box auf oder trommelt etwas, und dann tanzt schon das erste Paar.






In Havanna ruft Tanzlehrer Tito die Touristen zum „Shake shake“ auf. Übungen für den Hüftschwung und die Schultern, die getrennt bewegt werden. „Die Europäer können das einfach nicht, und sie sind steif“, sagt er und grinst schadenfroh zu einem hilflosen Schulterzucken. Versuchen sie ein Körperteil zu schwingen oder zu schütteln, rüttele der Rest auch gleich mit, erläutert er.



Tito rinnt schon nach wenigen Unterrichtsminuten der Schweiß über die Stirn, die Deutschen sind bereits nass geschwitzt.
Draußen prasselt ein kurzer warmer Schauer, der schwarze Ventilator unter der fünf Meter hohen Decke bringt kaum eine Brise durch den Tanzsaal mit bröckelndem Putz und holzwurmzerfressenen Tischen. Hier ist nichts auf die zahlungskräftigen, bequemen Touristen ausgelegt, die hier alle paar Wochen mal für ein paar Tage auftauchen.

Nach einem ermunternden Grinsen von Tito für seine hüftsteifen Schüler pfeift er die Lehrer herbei. Gruppenunterricht gibt es hier nicht, jeder Schüler hat einen eigenen Lehrer, lernt im eigenen Tempo und auch andere Schritte als seine Mitschüler. Hier tanzt
ein bunt zusammengewürfeltes Grüppchen Fremder: Sie haben den Tanzkurs als Bausteine eines Reisepaketes gebucht.


 



Salsa-Praxistest mit dem Tanzlehrer


Abends folgt mit den Tanzlehrern der Praxistest. Dafür muss man ihnen nur den Eintritt zu einer Veranstaltung und die Drinks zahlen, sagt Tito. Das aber sind reine Events für Touristen, meist in Hotels oder in Clubs, vor denen die zahlungskräftigen
Europäer an den Kubanern in der Schlange vorbeigewunken werden. Ins echte kubanische Nachtleben nimmt Tito die Touristen nicht mit.

Wenn Kubaner ausgehen, gehen sie auch selten in Clubs, sagt er. Ihnen reiche das billigere Flanieren auf irgendeinem Dorfplatz, oder in Havanna entlang der Strandpromenade Malecón – und von irgendwoher schallt immer Musik, und an
irgendeiner Straßenecke tanzt auch immer jemand.






So eine Ecke ist auch die Kreuzung Heredia, Padre Pico in Santiago de Cuba. Hier tönt jeden Abend bis in die Nacht hinein, aber auch schon mal am Tage aus einem der Häuser fröhliche Musik. Am frühen Vormittag schmettert es oft aus der Nummer
303 dagegen an. Rafael Santisteban gibt eine Tanzstunde auf der Dachterrasse. Oft sind es Touristenpärchen, die auch gleich das einzige Gästezimmer in dem eingeschossigen Privathaus bewohnen. Auf einer Hauswand hat sich ein gutes Dutzend von ihnen mit Namen und Sprüchen verewigt.



Die Urlauber sind glücklich – sie können abends in einer der Bars und Musikhäuser ein paar Schritte mittanzen. Schnell wird in den engen Räumen zwischen den Tischen und Stühlen jeder Quadratzentimeter Platz für einen Tanz genutzt. Dicht an dicht
stehen die Menschen mehr, als dass sie tanzen könnten. Aber es reicht für den Grundschritt: Kurz-kurz-lang und die Hüfte schwingen, die Schultern wackeln. Da können auch die Touristen nach zwei Unterrichtsstunden mithalten.


 

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